Zerlegt und in Kisten verpackt!
Die Wiedergeburt eines Jaguar MK V Saloon 2.5, 1950

Text: Geri Waldner
Fotos: Venerio De Cian, Geri Waldner


Geschichte des Jaguar MK V

Der Jaguar Mark V war ein PKW der Oberklasse, den die Firma Jaguar 1948 als Nachfolger für die Limousinen der Modelle 2 ½ Liter und 3 ½ Liter auf den Markt brachte. Er übernahm die Sechszylinder-Reihenmotoren der Vorgänger mit 2663 cm³ Hubraum und 102 bhp bzw. 3485 cm³ und 125 bhp. Über ein Viergang-Getriebe mit Mittelschaltung wurden die Hinterräder angetrieben. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 140 bis 150 km/h. Als erster Jaguar hatte der Mark V eine vollhydraulische Bremsbetätigung. Die Vorderräder waren einzeln an doppelten Dreieckslenkern mit hydraulischen Dämpfern und Drehstabfederung aufgehängt. Auch die Karosserie hatte sich gegenüber dem Vorgänger deutlich verändert: Die Scheinwerfer waren nicht mehr einzeln auf die Kotflügel montiert, sondern in diese integriert. Die Radausschnitte der Hinterräder waren bei den ersten Fahrzeugen verkleidet. Neben der Limousine wurde in beiden Leistungsklassen auch ein zweitüriges Cabriolet angeboten.

Beim Jaguar MK V handelt es sich nicht um eine “lahme Kiste“. Im Jahre 1950 nahm ein MK V an der Carrera Panamericana (Die Carrera Panamericana ist ein Autorennen auf öffentlichen Strassen in Mexiko) teil. Im 1951 belegte ein MK V den dritten Platz bei der Rallye Monte Carlo. Autotester bescheinigten dem MK V beachtliche, vermutlich sogar unerreichten Fahrkomfort, dies besonders auf langen Strecken. Erstmals bestellte die englische Polizei eine beachtliche Anzahl des MK V, denn dieses Modell galt in England schon bald als ausserordentlich zuverlässig.

Es wurden produziert:
2.5, Saloon                                   1674 Stück
2.5, Cabriolets                                 29 Stück
3.5, Saloon                                   7828 Stück
3.5, Cabriolets                               791 Stück

Beginn der Produktion:           01.10.1948
Produktionsende:             Dezember 1950
Damaliger Preis:                               £ 1247



Die Geschichte meines Jaguar MK V

Erste Lieferung an:   W. L. Thompson, Hull GB
Lieferdatum:                                     23.02.1950
Erster Halter:                             Thomas Leaver
Chassis Nr.:                                               520782
Motor Nr.:                                                   H2794
Karosserie Nr.:                                           G5501
Getriebe Nr.:                                         SH50076

Das Fahrzeug wurde im Oktober 1972 durch Herrn Hubertus, Graf von Dönhoff von Herr P. Foulkes Halbad erworben. Anschliessend weiter an Herrn Kurt Baron von Hammerstein verkauft. Dieser hat ihn seinem Sohn Maximilian Baron von Hammerstein überlassen. Herr Maximilian Baron von Hammerstein hat die Bolt to Nut Restauration vor ca. 20 Jahren angefangen. Da er sich in der Zwischenzeit jedoch auf die Restauration von Rolls Roys konzentrierte, hat er sich entschlossen, den Jaguar zu verkaufen. Beim Verkauf war der Jaguar sozusagen zerlegt. Ich habe den Wagen am 11.12.2017 in besagtem Zustand erworben.


Die Restauration

Wie bereits erwähnt, habe ich den Jaguar in zerlegtem Zustand erworben. Herr Hammerstein hat mir damals versichert, dass alle wesentlichen Teile vorhanden sind. Es könnte jedoch sein, dass einige Kleinteile fehlen. Das böse Erwachen kam dann sehr schnell. Ich stellte fest, dass nicht nur Kleinteile fehlten. Nun begann die Suche nach den fehlenden Teilen. Das fehlende Mittelteil des Armaturenbrettes und Gläser für die Rücklichter fand ich in Kaliforniern USA, die Klappe des Reserveradkastens in England. Es existieren im Moment zwei Firmen, die Teile für den Jaguar MK V liefern können, aber eben nicht alle. Es stellte sich als grosses Problem heraus, überhaupt alle fehlenden und defekten Teile zu finden. Die gesamte Innenausstattung musste ersetzt werden. Diese fand ich auf Umwegen über YouTube in den USA. In England gibt es einen Lieferanten, der sozusagen alle Innenausstattungen für die Jaguars der 50ziger und 60ziger Jahre liefern kann. Aber ausgerechnet die des Jaguar MK V fehlt in seinem Sortiment.

 

Beim Verkaufsgespräch hat mir Herr Hammerstein auch versichert, dass alle Schweissarbeiten fachmännisch gemacht wurden. Leider musste ich feststellen, dass die meisten Arbeiten nicht die Qualität aufwiesen, die ich an solche Arbeiten und Fahrzeuge stelle. Ich versuche nun die gröbsten «Pfusche» zu reparieren, was mir leider nicht immer so gelingt, wie ich es haben möchte.
Wie alle Autos der damaligen englischen Mittelklasse hat auch dieser ein hölzernes und furniertes Innenleben. Auch dieses musste ich wieder auf Vordermann bringen. Dazu brauchte ich 4 Anläufe, denn immer, wenn ich alles fertig furniert (Nussbaumwurzel) hatte, gefiel es mir aus irgend einem Grunde nicht. Entweder war die Struktur der Furniere zu fade, zu dunkel oder es ist mir nicht so gelungen, wie ich es haben wollte. Die ganzen Arbeiten wurden nach althergebrachter Weise gemacht. Als Leim benutzte ich heissen Knochenleim, die Farbgebung erfolgte in mehreren Lagen mit Schellack. Schellack ist eine harzige Substanz, die aus den Ausscheidungen der Lackschildlaus hergestellt wird. Nur beim endgültigen Lackieren habe ich auf 2 K Klarlack zurückgegriffen.

Momentan (Oktober 2021) bin ich am Spachteln und Schleifen. Auch hier stelle ich sehr hohe Ansprüche an das zu erzielende Ergebnis. Dies bedeutet, dass ich immer wieder bereits bearbeitete Stellen finde, die nicht meiner Vorstellung entsprechen. Also beginnt wieder die ganze Arbeit von vorne, wie Ausbeulen, Spachteln und Schleifen, bis auch die Stärke des aufgetragenen Spachtels meinen Ansprüchen entspricht (sehr, sehr dünn). Hie und da muss ich jedoch Kompromisse eingehen, sonst würde ich nie und nimmer mit der Restauration fertig. Denn mein Ziel ist (Stand heute 20.10.2020), dass ich die Ausfahrt im Herbst 2022 mit dem MK V machen kann. Da ich voraussichtlich während des Winters wegen der Kälte nicht in meiner Werkstatt «knübeln» kann, werde ich versuchen, in dieser Zeit die Sitze wieder auf «Vordermann» zu bringen.

To be continued ...